© 2009
Ein lautes Summen weckte ihn. Anfangs glaubte Stephen, jemand würde den Motor seines Wagens laufen lassen. Dann entsann er sich, allein auf der Insel zu sein. Onkel Jonah und die anderen waren zum Festland hinüber, um Dichtungsmaterial für das Loch im Dach der Scheune zu besorgen. Vor morgen Nachmittag würden sie nicht zurück sein.
Stephen rieb sich die Augen. Da bemerkte er die Schatten. Unzählige schwarze Pünktchen schwirrten vor der Fensterscheibe. Waren es Fliegen? Oder Mücken? Wo kamen sie her? Hektisch überlegte er, was sie antrieb. Etwas Derartiges hatte er noch nie erlebt. Im Haus brannte kein Licht, das sie angezogen haben könnte. Tante Rosies himmlisch schmeckende Marmelade, die man besser nur drinnen genoss, um das Getier fernzuhalten, stand gut verschlossen im Küchenschrank. Auch sonst war nichts anders als in anderen Nächten. Klack! Klack! Plopp! »Was wollt ihr?«, krächzte er. Im selben Moment begriff er die Lächerlichkeit seines Tuns: Es waren Insekten! Gerade als Stephen das Zimmer verlassen wollte, vernahm er das Geräusch zerspringenden Glases. Er wirbelte herum. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er das Loch im Fenster, dann stürzte eine Wolke von Hautflüglern, deren Art er noch immer nicht zu benennen wusste, über ihn her. Panisch schlug er mit den Händen, um sie fernzuhalten, und drehte sich dabei im Kreis. Sie raubten ihm die Sicht. Körper an Körper, Flügel an Flügel bedrängten sie ihn. Sein Kampf war aussichtslos. Mit seinen Schlägen richtete er nichts aus. Zu Dutzenden landeten sie auf seinen nackten Armen und Beinen. Schnell waren auch seine Brust und sein Rücken bedeckt. Als sie ihm über das Gesicht krabbelten, kniff er die Augen und Lippen zusammen. Docher konnte ihr Eindringen in seine Nase nicht verhindern. Sie nahmen ihm die Luft zum Atmen. [...]
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